Allochtone Vorkommen von Mauereidechsen in Vorarlberg

Allochthone Vorkommen von Mauereidechsen in Vorarlberg

WOLFRAM SCHURIG & JÜRGEN GEBHART
Juni 2009

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1.1 Verbreitungssituation in Vorarlberg und im oberen Rheintal

Vorarlberg ist das westlichste Bundesland Österreichs. Es grenzt im Norden an Deutschland (Bayern), im Osten an Tirol, im Süden an den Schweizer Kanton Graubünden und im Westen an den Kanton St. Gallen und Liechtenstein.
Im Westen von Vorarlberg befinden sich zwei große Populationen von Mauereidechsen. Die größte und älteste Population mit starker Ausbreitungstendenz befindet sich am Ardetzenberg - sie basiert auf ausgesetzten Tieren um 1990. Ein weiteres individuenstarkes Vorkommen befindet sich am Liebfrauenberg in Rankweil, der nördlichen Nachbargemeinde von Feldkirch. Über die Ansiedlung bzw. Aussetzung dieser Tiere liegen bislang keine Informationen vor. Die ursprüngliche Annahme, dass es sich hierbei um einen Ausläufer des Feldkircher Vorkommens handelt, konnte anhand genetischer Untersuchungen aus dem Jahr 2006 durch Herrn Dr. Werner Mayer (NHM Wien) nicht bestätigt werden. Die Ergebnisse zeigten deutliche genetische Unterschiede: die Tiere aus Fedkirch entsprechen der westlichen Form von Podarcis muralis maculiventris, die aus Rankweil der östlichen.
Weitere Nachweise von Mauereidechsen liegen aus Vorarlberg von der Rheinmündung bei Bregenz sowie aus Frastanz vor ( – für letztere dürfte zutreffen, dass die Feldkircher Population mittlerweile bis dahin vorgedrungen ist ). Ebenso bestehen z.T. individuenstarke Vorkommen am Oberrhein südlich des Bodensees außerhalb Vorarlbergs in Romanshorn und Buchs (CH), entlang des Rheindamms in Liechtenstein und weiter südlich in Graubünden bei Bad Ragaz und Fläsch (CH), beiderseits des Rheins. Nach Ansicht der beiden Autoren ist mittelfristig ein Zusammenwachsen dieser Vorkommen unausweichlich – sofern dies nicht partiell schon stattgefunden hat. Insofern wäre eine Beprobung der unterschiedlichen Vorkommen wünschenswert, um ein wenig Licht in das zu erwartende genetische Chaos zu bringen.

1.2 Bestandsituation und Ausbreitung in Feldkirch und Rankweil

Im Verlauf der Jahre 2006 und 2007 hat der Erstautor versucht, die Populationstärke der Tiere im Kernbereich des Feldkircher Verbreitungsgebietes am Ardetzenberg schätzungsweise zu erheben – also ohne die mittlerweile bestehenden Ableger in der Feldkircher Altstadt und entlang der Verbreitungskorridore nach Osten in Richtung Walgau und nach Süden in Richtung Liechtenstein. Diese Schätzung ergab eine Individuenstärke von +- 1500 Tieren. Die Zahl wurde ermittelt, indem alle dem Erstautor bekannten geeigneten Strukturen wie Mauern, Böschungen, Hangbefestigungen etc. erfasst und die darauf befindlichen Eidechsen gezählt wurden. Daraus ergab sich ein Mittelwert pro Meter Eidechsenhabitat. Da sich ein großer Teil der Population in nicht zugänglichem Privatgelände befindet, ist diese Schätzung als niedrig einzustufen.

Abb. 1 Die Verbreitungszentren der Feldkircher Mauereidechsen auf einen Blick: im Vordergrund die Schattenburg mit der Altstadt, im Bildhintergrund der südliche Ardetzenberg mit dem dominierenden Institut St. Joseph.

Die Eidechsen haben sich während der letzten ca. 20 Jahre über den nicht bewaldeten südlichen und östlichen Teil des Ardetzenbergs ausgebreitet und besiedeln mittlerweile das ganze Altstadtgebiet und dort schwerpunktmäßig den Bereich der Schattenburg. Von dort aus erfolgt nun die Besiedelung Ill aufwärts, wo die Gemeinden Göfis und Frastanz erreicht werden. Als Korridor für die Ausbreitung in diese Richtung fungiert die Felsenau-Schlucht, die mit natürlichen Felsen, Mauern, Uferbefestigungen, aufgelassener Straße sowie der stillgelegten Eisenbahntrasse eine Fülle von geeigneten Habitaten aufweist. Nach Süden haben die Eidechsen die Ill überschritten. Hierbei wurde bis zu ihrer Renovierung im Jahr 2007 die historische Hl. Kreuz–Brücke sogar direkt besiedelt. Von dort gelangten die Tiere an den im Süden angrenzenden Blasenberg, der sich bis fast an die liechtensteinische Grenze erstreckt.

Abb. 2 Brücke

Abb. 3 Schlucht Vogelperspektive

Die Bestandsdichte am Liebfrauenberg in Rankweil dürfte ähnlich stark wie die am Ardetzenberg sein. Insgesamt ist das besiedelte Areal aber erheblich kleiner und damit die Individuenstärke geringer als in Feldkirch. Eine Ausbreitung findet bislang offenbar in Richtung NO statt. Dort werden vornehmlich Privatgärten und selbst der unmittelbare Straßenrand unterhalb des Liebfrauenbergs besiedelt.

Abb. 4 Basilika v S

Fotodokumentation und Begehungsprotokolle

2.1 Feldkirch

Eine Begehung der Mauereidechsenbiotope in Feldkirch fand am 22.05.2009 bei anfangs bedecktem Himmel statt. Ausgangspunkt der Exkursion war der Garten des Erstautors am östlichen Hangfuß des Blasenberges, wo sich an einer kleinen Befestigungsmauer über einem Schildkröten-Aufzuchtterrarium seit dem Frühjahr 2008 immer wieder einzelne juvenile Mauereidchsen blicken ließen. Erstmals hatte dort 2008/09 auch ein einzelnes Männchen überwintert und dort sein Territorium gebildet, in dem sich alsbald auch ein Weibchen einfand. Die Katzen in der Nachbarschaft haben diesem Besiedelungsversuch leider einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Abb. 5 Gartenmauer

Abb. 6 Männchen

Abb. 7 Männchen von Bild 6 tot

Auf dem Weg in Richtung Norden gelangt man an einer hohen Blocksteinmauer vorbei, an der seit 2007 Mauereidechsen zu finden sind – seit 2008 auch Jungtiere und Schlüpflinge. Offenbar pflanzen sich die Tiere hier erfolgreich fort. Zu unserer Überraschung fanden sich nicht nur Eidechsen im oberen Mauerbereich sondern auch ein junger Bergmolch (Mesotriton alpestris) an einem Vorsprung im unteren Bereich.

Abb. 8 Mauer

Abb. 9 Junger Bergmolch (Mesotriton alpestris)

Weiter ging es über die Hl. Kreuz-Brücke über die Ill und der Ardetzenbergstraße entlang zum Schulkomplex des Instituts St. Joseph – dem Arbeitsplatz des Erstautors. In diesem Bereich sind die Mauereidechsen allgegenwärtig. Sie besiedeln den Bereich um die Brücke, Felsen, Blocksteinmauern und selbst den Straßenbelag, sofern der Efeubewuchs an den angrenzenden Mauern bis knapp über den Boden reicht.

Abb. 10 - 13 Ardetzenberg von der Hl. Kreuz-Brücke aus

Abb. 11

Abb. 12

Abb. 13

Im umfangreichen Schulareal konnten einige Innenbereiche besucht werden, die normalerweise nicht öffentlich zugänglich sind.

Abb. 14 Baufällige Betonmauern im Innenhof

Abb. 15 - 16 Der südseitige Balkon im 4.OG des Altbaus sowie das Dach selbst wird v.a. im zeitigen Frühjahr und Herbst besiedelt. Im Sommer ist es hier zu heiß.

Abb. 16

Abb. 17 Jeweils links und rechts von dieser Treppe befinden sich die Territorien von auffallenden männlichen Mauereidechsen samt >Gefolge<.

Abb. 18 - 22 Eidechsen links der Treppe

Abb. 19

Abb. 20

Abb. 21

Abb. 22

Abb. 23 - 26 Eidechsen rechts der Treppe m. grünem Männchen

Abb. 24

Abb. 25

Abb. 26

Paarbildung konnte bei dieser Exkursion und auch am nächsten Tag in Rankweil häufig beobachtet werden. Diese tritt vermehrt seit dem ausfallsreichen, langen und warmen Winter 2007/2008 auf, während dem offenbar durch häufige Aktivität viele Tiere verhungert und/oder an Dehydration zu Grunde gegangen sind und der zu einem merklichen Populationseinbruch geführt hat.