Eingeschleppte Mauereidechsen am alten Güterbahnhof von Kulmbach
ANGELIKA und SIEGFRIED TROIDL
Oktober 2010
Anfang September erhielten wir den Hinweis über ein Vorkommen von eingeschleppten Mauereidechsen (Podarcis muralis) am alten Güterbahnhof in Kulmbach. Desweiteren teilte man uns mit, dass dieses Mauereidechsenvorkommen erst im Frühsommer diesen Jahres von einer Landschaftsplanerin entdeckt wurde, die im Auftrag der DB-Netz AG das Gelände wegen einer geplanten Folgenutzung kartierte. Bei einer Begehung des Geländes (am 4.7.2010) hatte Herr Kusche von der Unteren Naturschutzbehörde dort 25 Mauereidechsen gezählt, er schätzt die Population aber auf mindestens 200 Tiere. Wie wir noch in Erfahrung bringen konnten, ist der Bahnhof bereits seit 10 Jahren aufgelassen.
Beobachtungen:
Am 11.9.2010 nutzten wir das schöne Spätsommerwetter für einen Besuch der Kulmbacher Mauereidechsen. Wir waren gerade am alten Güterbahnhof in der Hans-Hacker-Straße angekommen, als wir bereits aus dem Autofenster die erste Eidechse sehen konnten. Das Areal erstreckt sich von der Einfahrt an der Hans-Hacker-Straße einige hundert Meter entlang der aufgelassen Gleisanlage.
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Abb. 1: Der stillgelegte Güterbahnhof
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Abb. 2 und 3: Die verwilderte Gleisanlagen bieten ausgezeichnete Lebensräume für Mauereidechsen
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Abb. 3
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Während der Begehung des Geländes konnten wir etwa 30 adulte Mauereidechsen ausfindig machen. Leider waren die Tiere sehr scheu und so betrug die Fluchtdistanz oft mehr als zehn Meter. Unter diesen Umständen können wir die Beobachtungen von Herrn Kusche bestätigen, der die Population auf mindestens 200 Tiere schätzt.
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Abb. 4: Männchen
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Abb. 5: Weibchen beim Sonnenbad
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Abb. 6
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Abb. 7: Männchen
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Unter Einbeziehung der unzähligen Jungtiere, die wir überwiegend im stark verwilderten hinteren Bereich des Areals gefunden hatten, dürfte die Gesamtzahl der Mauereidechsen zum Zeitpunkt unseres Aufenthaltes jedoch um ein vielfaches höher gewesen sein. Diese Populationsdichte ist natürlich nur saisonbedingt, denn am Ende der nächsten Winterperiode wird sich im Besonderen die Zahl der Jungtiere wieder stark reduziert haben.
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Abb. 8: Stark verwilderter Bereich mit Blick auf die Plassenburg.
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Abb. 9: An diesem Schotterhügel konnten wir sehr viele Jungtiere finden.
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Abb. 10: Jungtier
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Abb. 11: Jungtier
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Abb. 12: Jungtier
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Abb. 13: Jungtier
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Abb. 15: Die aufgewärmten Schienen werden gerne als Sitzplatz genutzt.
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Abb. 16
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Abb. 17: Weibchen
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Ob es in diesem Bereich auch Zauneidechsen (Lacerta agilis) gibt oder zu einem früheren Zeitpunk dort gegeben hatte, müsste noch überprüft werden. Wir und ebenso Herr Schreiber zuvor, konnten im Bereich der Mauereidechsenpopulation keine Zauneidechsen ausfindig machen.
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Abb. 18: Weibchen
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Abb. 19: Männchen
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Abb. 20: Männchen
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Abb. 21: Männchen
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Über das Alter dieser Population liegen uns keine genauen Erkenntnisse vor. Da aber der Bahnhof bereits vor zehn Jahren stillgelegt wurde und eine Verschleppung durch den Güterverkehr sehr wahrscheinlich ist, müsste die Einschleppung der Mauereidechsen vor mehr als zehn Jahren stattgefunden haben.
Auf Grund morphologischer Merkmale könnte es sich bei der Kulmbacher Mauereidechsenpopulation um die Unterart Podarcis muralis maculiventris handeln, deren natürliches Areal von Ober-Italien bis nach Nordwest-Kroatien reicht. Völlige Sicherheit könnte diesbezüglich aber nur das Ergebnis einer genetischen Untersuchung bringen.
Prognose:
Soweit wir das beurteilen konnten, bietet in der näheren Umgebung nur das Gelände am alten Güterbahnhof geeignete Habitate für diese Eidechsenart. Sollte es also tatsächlich zu einem Rückbau der Gleisanlagen kommen, wird das höchstwahrscheinlich das Ende für diese Population bedeuten.
Nachfolgend noch einige Anmerkungen von Herr Schreiber bezüglich der Problematik gebietsfremder Vorkommen:
Wie auch andernorts stellt sich jetzt die Frage, wie damit umgehen, wenn das Gelände neu genutzt werden soll? Diverse nicht heimische Unterarten tauchen immer wieder durch unabsichtliche Verschleppung (mit Güterwaggons oder Lkws) oder gezielte Ausbringung insbesondere an bzw. auf alten Bahngeländen auf.
Ehrlicherweise müsste die zuständige Naturschutzbehörde nun die "invasiven" Tiere, die in Kulmbach möglicherweise schon die Zauneidechse verdrängt haben, abfangen (bloß: dann wohin damit?) bzw. in Sachen Artenschutz (§ 44 BNatSchG) "Fünfe grade sein lassen". Letzteres wurde in Bayern bisher bewusst nur in Ingolstadt bei der Planung des neuen Eisstadions praktiziert (und offenbar ohne vorheriges Abfangen der Tiere ...).
Hier ist eine dringende naturschutzinterne Diskussion vonnöten, mit klaren Anweisungen insbesondere von Seiten der Landesfachbehörde, wie bei Planungen mit derartigen gebietsfremden Unterarten umzugehen ist. Sonst droht ein weiterer Aspekt des deutschen Artenschutzrechts absurde Blüten zu treiben.
Ralf Schreiber
Danksagung:
Wir danken Herrn Jürgen Gebhart und Herrn Ralf Schreiber für die ausführlichen und hilfreichen Informationen.
Nachtrag 19.10.2010:
Seit Kurzem liegt das Ergebnis der genetischen Untersuchung der Kulmbacher Mauereidechsen vor. Wie vermutet, gehören die Tiere zur Südalpen-Linie (maculiventris West), die natürlicherweise Teile Liguriens, die zentrale und westliche Poebene sowie die Südalpen besiedelt.
Ulrich Schulte
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