Haltung und Nachzucht der Esparto-Pityuseneidechse, Podarcis pityusensis kamerianus (MERTENS, 1927)

Haltung und Nachzucht der Esparto-Pityuseneidechse, Podarcis pityusensis kamerianus (MERTENS, 1927)


MIKE ZAWADZKI, November 2009


 

Wer hat sie sich noch nicht gestellt, die Frage nach dem perfekten Terrarienpflegling? Vielleicht haben einige Terrarianer diese Frage für sich bereits beantwortet und ihr ideales Terrarientier schon gefunden, andere sind hingegen noch immer auf der Suche nach einem „perfekten“ Pflegling, quasi der eierlegenden Wollmilchsau der Terraristik. Es gibt durchaus eine Eidechse, die so ziemlich alle Vorzüge in sich vereint, also sehr ansprechend gefärbt, tagaktiv und dabei sehr agil, nicht zu groß und somit auch in relativ kleinen Terrarien zu pflegen sowie auch relativ leicht zu vermehren ist, aber dennoch vielen Terrarianern noch unbekannt ist: die Esparto-Pityuseneidechse (Podarcis pityusensis kamerianus). Dass sie trotz dieser vielen positiven und von vielen Terrarianern geschätzten Eigenschaften bisher nur in wenigen Terrarien zu finden ist, liegt daran, dass sie streng geschützt ist und nur zufällig einige wenige Exemplare nach ihrer Unterschutzstellung in Menschenobhut gelangten, die nun legal gehalten und gezüchtet werden.


Verbreitung
Die zur Gattung der Mauereidechsen zählende Pityuseneidechse, Podarcis pityusensis, ist ein Angehöriger der Familie der Echten Eidechsen (Lacertidae). Wie ihr Name schon andeutet, ist sie ein Endemit der im westlichen Mittelmeer liegenden Pityusen. Hier bewohnt sie die beiden Hauptinseln Ibiza und Formentera sowie die allermeisten der kleinen vorgelagerten Inseln und Inselchen. Es existieren auch verschleppte Populationen auf dem spanischen Festland sowie auf Mallorca (siehe z. B. ZAWADZKI 2001, 2005; ZAWADZKI & KRONIGER 2001; BRUEKERS 2007) Insgesamt werden derzeit 22 Unterarten anerkannt, die sich teils beträchtlich in Färbung und Zeichnung sowie Körpergröße und Proportionen unterscheiden. Podarcis pityusensis kamerianus kommt ausschließlich auf der etwa 1,5 km vor der Westküste Ibizas gelegenen Insel Esparto (auch „Espartar“) sowie dem kleinen benachbarten Eiland Escull de S`Espartar vor.

Schutz
Die Pityuseneidechse ist durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (hier im Anhang WA II) sowie durch die Europäische Artenschutzverordnung, wo sie als im Anhang A geführte Art den höchsten Schutzstatus genießt, geschützt. Das bedeutet, dass Podarcis pityusensis nicht ohne Genehmigung gehalten werden darf. Eine Entnahme von Tieren dieser Art – also auch ein Mitbringen aus dem Urlaub – ist strengstens verboten und wird mit drastischen Geldstrafen geahndet! Dieser Schutz ist mehr als gerechtfertigt, denn viele Unterarten von Podarcis pityusensis bewohnen nur ein sehr begrenztes Gebiet, das in vielen Fällen nur aus einer einzigen kleinen Insel besteht, und auf der in manchen Fällen weniger als 30 Tiere leben. Wer sich für diese hoch interessante Eidechse interessiert, vielleicht weil er sie noch aus den 1970er-Jahren her kennt, als die Tiere in großen Mengen für den Zoohandel gefangen wurden, was damals noch legal war, oder weil er nun auf den Geschmack gekommen sein sollte, dem sei gesagt, dass es dennoch möglich ist, legal an diese Tiere zu gelangen, denn es gibt mittlerweile eine kleine Anzahl von Züchtern, die mehr oder weniger regelmäßig Nachzuchten verschiedener Unterarten – darunter auch die hier vorgestellte Podarcis pityusensis kamerianus – mit allen erforderlichen Papieren an interessierte Terrarianer abgeben. Alle Pityuseneidechsen sind meldepflichtig, das bedeutet, dass man die Tiere sowie später sämtliche Veränderungen im Bestand, beispielsweise durch Nachzucht, Veräußerungen oder Tod, bei der zuständigen Landesbehörde melden muss. Für Nachzuchttiere kann man bei seiner Behörde eine Aufhebung des Vermarktungsgebotes beantragen, damit man später seinerseits seine Nachzuchten an Interessierte weitergeben kann. Sämtliche Anhang-A-Arten sind gemäß der Bundesartenschutzverordnung kennzeichnungspflichtig. Was für die Pfleger von Europäischen Landschildkröten schon längst ein gewohntes Prozedere ist – die Tiere müssen auf geeignete Art und Weise zum Zwecke der Fotodokumentation fotografiert werden –, mag einigen Echsenpflegern im ersten Moment vielleicht noch etwas fremd vorkommen. Es bedeutet aber lediglich, dass man sozusagen ein „Erkennungsfoto“ seiner Eidechse anfertigen muss, wodurch eine eindeutige Erkennung des Exemplars möglich ist. Im Falle der Pityuseneidechse wird hierfür der Brustbereich fotografiert, da die Anordnung der in diesem Bereich liegenden Bauchschuppen (Ventralia) bei jedem Tier etwas unterschiedlich ist und quasi wie ein Fingerabdruck eine eindeutige Zuordnung ermöglicht. Zu diesem Thema existiert die sehr empfehlenswerte Broschüre „Fotodokumentation von geschützten Reptilien“ von Dr. Carolin BENDER, die über die z. B. über die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde e. V. (DGHT) bestellt werden kann.



 Podarcis pityusensis kamerianus ist ein attraktiver Terrarienpflegling.



 Weibchen von Podarcis pityusensis kamerianus.


Aussehen
Podarcis pityusensis kamerianus ist eine mittelgroße Eidechse, die nach SALVADOR (1986) im männlichen Geschlecht eine Kopf-Rumpf-Länge (KRL) von bis zu 80 mm, bei den Weibchen bis 70 mm erreicht. EISENTRAUT (1950) gibt für Männchen eine KRL von 82 mm an, die Weibchen erreichen bis zu 80 mm KRL. Die auf der kleineren Insel Escull de S`Espartar lebenden Eidechsen werden laut EISENTRAUT (1950) noch etwas stattlicher als die Tiere von Esparto und erreichen im männlichen Geschlecht KRL von bis zu 87 mm und können mit Primärschwanz bis zu 245 mm GL messen. LILGE (1975) gibt die Werte der KRL für Männchen von Esparto mit durchschnittlich 72,8 mm (66–78mm) an, für die Weibchen nennt er eine durchschnittliche KRL von 63,6 mm (59–69 mm). Podarcis pityusensis kamerianus gehört sicherlich mit zu den farbenprächtigsten Unterarten der Pityuseneidechse. Vor allem die Männchen zeigen eine schöne leuchtend blaue Färbung. Die Grundfarbe der Oberseite besteht aus einem mehr oder weniger dunklen Blaugrün bis Blau, die Flanken sind bläulich grün bis himmelbau gefärbt. Weibchen und Jungtiere zeigen mehr bräunliche bis olivfarbene Töne. Die schwarze Längszeichnung auf dem Rücken und den Flanken der Tiere ist meist mehr oder weniger aufgelöst und bisweilen auch retikuliert. Charakteristisch für diese Unterart ist auch die Färbung der Oberseite der Extremitäten, die in den allermeisten Fällen hellbräunlich ist. Der Schwanz erscheint türkisfarben, zeigt aber in der Mitte der Oberseite eine mehr bräunliche Färbung. Unterseits zeigen die Eidechsen ebenfalls leuchtend hellblaue bis türkisfarbene Töne, bisweilen mit einigen schwarzen Flecken auf den äußeren Bauchschuppen. Auf der Kehle befinden sich oftmals schnörkelartige schwarze Zeichnungen oder Punkte. Die Männchen erreichen nicht nur größere KRL und Gesamtlängen, sondern sind auch massiger als die Weibchen. Besonders Kopf und Schwanzwurzelbereich sind bei den Männchen kräftiger entwickelt. Außerdem besitzen erwachsene Männchen gut ausgeprägte Femoralporen an den Unterseiten der Oberschenkel, aus denen wachsartige Stäbchen herausragen. Auch in der Anzahl der Ventralia-Querreihen gibt es Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Bei den Männchen finden sich gewöhnlich zwischen 24–28, bei den Weibchen dagegen 27–32 Reihen. Auch in der Färbung zeigen sich gewissen Unterschiede, wobei die Männchen meist kräftigere und leuchtendere Farben zeigen; bei den Weibchen finden sich dagegen vermehrt bräunliche bis bronzefarbene Töne auf dem Rücken.


Unterbringung
Laut dem „Gutachten über die Mindestanforderungen an die Haltung von Reptilien“ (BUNDESMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN 1997) muss ein Terrarium für ein Pärchen von Vertretern aus der Familie Lacertidae eine Mindestgröße von 6 x 4 x 4 (Länge x Breite x Höhe) multipliziert mit der KRL der zu pflegenden Art betragen. Für Podarcis pityusensis kamerianus würde dies bei einer KRL von etwa 8 cm bedeuten, dass das Terrarium mindestens 48 x 32 x 32 cm groß sein müsste. Dies ist aber doch ein wenig zu klein bemessen, vor allem dürfte es sich auch als schwierig erweisen, in einem solch kleinen Behälter ein deutliches Temperaturgefälle zu schaffen. Daher würde ich ein geräumigeres Terrarium von z. B. 80 x 50 x 50 cm oder 100 x 40 x 50 cm für die Haltung eines Pärchens Esparto-Pityuseneidechsen empfehlen. Man muss bei der Pflege von Pityuseneidechsen darauf achten – wie eigentlich bei den meisten Echsen überhaupt –, dass man keine zwei Männchen zusammen im Terrarium pflegen kann. Am besten hält man Pityuseneidechsen daher paarweise, denn auch die Weibchen würden sich untereinander streiten, sodass es zu Beißereien kommen würde, die mitunter ernsthafte Folgen für das unterlegene Tier haben könnten. Ich halte meine Pärchen daher paarweise in Terrarien mit den Maßen 100 x 40 x 45 cm bzw. auch 50 x 50 x 50 cm. Bei der Einrichtung des Terrariums sollte man sich vor Augen halten, dass die Eidechsen aus dem Mittelmeerraum stammen. In ihrer Heimat bewohnen sie felsige und mäßig bewachsene Bereiche. Im Prinzip sind dem Pfleger bei der Gestaltung der Terrarieneinrichtung keine Grenzen gesetzt, es würde aber theoretisch bereits eine Handvoll mittelgroßer Steine, die man übereinander aufschichtet (Vorsicht! Die Steine müssen umsturzsicher aufliegen, sodass sich die Tiere nicht verletzen können!). Als Bodengrund eignet sich eine Schicht aus reinem Sand oder Kies, ein Gemische aus Sand, Mutterboden oder Lehm. Wichtig ist nur, dass man die Höhe des Bodengrundes nicht zu gering ausfallen lässt, damit die Tiere auch graben können. Hierauf werden dann einige Steine, Baumwurzeln oder Korkstücke gelegt, unter denen die Eidechsen ihre Verstecke anlegen oder ihnen auch als Klettermöglichkeit dienen. Hierzu kann man auch mittelgroße Korkäste oder -röhren einbringen. Wer etwas handwerkliches Geschick besitzt, der kann die Rückwand und eventuell auch die Seitenwände des Terrariums als Felswand gestalten. Wie man solche Felswände mittels Styropor herstellt, kann man beispielsweise sehr gut in dem Buch „Terrarieneinrichtung. Grundlagen – Materialien – Methoden“ von WILMS (2004) nachlesen. Bei der Bepflanzung kommt es eigentlich eher auf optische Aspekte an, und es ist den Eidechsen egal, ob es sich um echte Pflanzen oder Kunststoffpflanzen handelt. In Gartencentern ist eine Vielzahl von Pflanzen aus dem Mittelmeerraum erhältlich, die sich für ein Pityuseneidechsen-Terrarium eignen. Bringt man echte Pflanzen ins Terrarium ein, hat man den Vorteil, dass durch das Gießen ein immer etwas feuchter Platz vorhanden ist, der von den Weibchen auch als Eiablageplatz benutzt wird. Will man auf ein Bepflanzung verzichten oder entscheidet man sich für künstliche Pflanzen, so muss man darauf achten, eine Ecke im Terrarium stets leicht feucht zu halten. Alternativ kann man auch ein kleines Plastikgefäß, das mit einem kleinen Einschlupfloch versehen und mit einem feuchten Erde-Sand-Gemisch gefüllt ist, ins Terrarium stellen. Dies erleichtert zudem die manchmal doch mühsame Suche nach den Gelegen der Weibchen. Die Luftfeuchtigkeit sollte etwa zwischen 50–75 % betragen. Morgens wird das Terrarium leicht übersprüht, sodass die relative Feuchtigkeit noch kurzzeitig etwas mehr ansteigt. Ein Wassernapf sollte den Tieren aber stets zur Verfügung stehen. Pityuseneidechsen sind wahre Sonnenanbeter, daher kann es im Terrarium eigentlich nicht hell genug sein. Je nach Größe des Behälters eigenen sich hierfür die unterschiedlichsten Leuchtmittel in verschiedenen Wattstärken. Wichtig ist es, dass eine Grundtemperatur von etwa 22–30 °C im Terrarium herrscht, am Sonnenplatz müssen aber deutlich höhere Temperaturen von etwa 40–45 °C geschaffen werden, z. B. mittels Spot-Strahler. Ob Eidechsen im Terrarium künstliches UV-Licht benötigen, wird immer heiß diskutiert. Ich pflege meine Pityuseneidechsen aber seit jeher ohne UV-Licht und konnte bisher keine negativen Auswirkungen bei ihnen feststellen. Auch die Jungtiere wachsen ohne Probleme heran. Der Schlüssel zur erfolgreichen Haltung liegt sicherlich in einer abwechslungsreichen Ernährung sowie einer ausreichenden Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen.



 Männliche Podarcis pityusensis kamerianus.



 Die Weibchen zeigen etwas mehr bräunliche Töne auf dem Rücken.



 Terrarien zur Pflege von Podarcis pityusensis kamerianus.


Ernährung
Das Gute gleich vorweg: Pityuseneidechsen sind omnivor, also Allesfresser. Sie nehmen sowohl sämtliche in der Terraristik bekannten Futtertiere wie Heimchen, Grillen, Heuschrecken, Fliegen und deren Maden, Wachsmotten und deren Larven, Mehrwürmer (selbst die bewegungslosen Puppen und auch die Mehlkäfer werden gerne genommen), Getreideschimmelkäfer, Ofenfischchen und Schaben gierig an. Selbst kleinsten Futtertieren wie Drosophila oder Bohnenkäfern wird ausgiebig hinterhergejagt. Auch Regenwürmer und Kellerasseln stehen bei den Tiere hoch im Kurs. Doch die Eidechsen nehmen genauso vegetarische Kost an, was es einem als Pfleger sehr erleichtert, die Tiere abwechslungsreich zu ernähren und selbst bei Engpässen, in denen keine Futterinsekten erhältlich sind, sattzubekommen. Aber eine Pityuseneidechse ist selten satt – ehrlich gesagt habe ich es nie geschafft, eine Eidechse bei einer Fütterung so zu mästen, dass sie schließlich das Futter verweigert hätte. Man muss also durchaus aufpassen, dass die Tiere nicht verfetten. An pflanzlicher Kost kann man den Eidechsen alle Arten von Obst – in entsprechend mundgerechte Stücke geschnitten – sowie auch Fruchtbrei (Babynahrung) und Blütenpollen anbieten. Es gibt eigentlich nichts, was diese gierigen Fresser verschmähen. Selbst Trockenfutter für Schildkröten wird von den Tieren genommen. Wichtig ist, dass das Futter vorher mit Vitaminen und Mineralstoffen angereichert wird. Gekaufte Futterinsekten sollten zusätzlich ein bis zwei Tage vor dem Verfüttern mit Karotte oder Apfel angefüttert werden, damit sie gehaltvoller sind („Gutloading“). Zum Bestäuben der Futtertiere eignen sich handelsübliche Präparate wie Korvimin ZVT oder Herpetal Complete bzw. Herpetal Mineral. Zusätzlich gebe ich meinen Tieren in unregelmäßigen Abständen über das Trinkwasser oder auch in Fruchtbrei untergerührt das Multivitaminpräparat Multibionta (zwei Tropfen auf 100 ml) und aufgelöste Vigantoletten (Vitamin D3, 20.000 i. E. auf einen Liter). Außerdem biete ich den Eidechsen regelmäßig Kalzium in Form von Taubengrit an. So kann ich selbst bei der Aufzucht meiner Pityuseneidechsen auf eine UV-Bestrahlung verzichten. Gefüttert werden meine Pityuseneidechsen etwa jeden zweiten Tag, Jungtiere und auch trächtige Weibchen mitunter täglich. Dabei erhält jedes Tier etwa zwei mittelgroße Insekten, die Jungtiere entsprechend ihrer Größe mehrere kleinere Futtertiere. Wichtig ist, dass man auch Fastentage einlegt. Die Pityuseneidechsen sind in der Lage, Fettreserven in ihrem Schwanz zu speichern und erwachsene Tiere können daher auch längere Zeit – beispielsweise eine Woche, gut genährte Tiere auch zwei Wochen, z. B. während der Urlaubszeit – ohne Nahrung auskommen.


Fortpflanzung
Eine wichtige Voraussetzung zur Vermehrung von Podarcis pityusensis kamerianus ist, dass man den Tieren einen deutlichen Jahresrhythmus bietet. Eine konstante Haltung unter gleichen Bedingungen im Tages- wie auch im Jahresverlauf muss also vermieden werden. Die Tiere benötigen keine strenge Winterruhe, sondern es genügt eine Zeit mit kürzerer Beleuchtungszeit und niedrigeren Temperaturen. Hierzu beginne ich ab Oktober die tägliche Beleuchtungsdauer von 12–14 Stunden im Sommer langsam auf etwa 5–6 Stunden zu reduzieren. Durch die auch im Terrarienzimmer im Winter kühleren Temperaturen und die kürzeren Tage „merken“ die Eidechsen, dass es nun Winter ist. Mitunter habe ich von Anfang Dezember bis Mitte Januar die Beleuchtung komplett ausgeschaltet und auch für die Dauer von sechs Wochen kein Futter gereicht. Die Eidechsen sind während dieser Zeit deutlich weniger aktiv und bleiben auch meist in ihren Verstecken. Ab Mitte Januar, wenn die tiefstehende Wintersonne an wolkenfreien Tagen in die Terrarien scheint, beginnen die Eidechsen wieder deutlich aktiver zu werden, und ich beende dann die Winterruhe. Die Beleuchtung und die Wärmestrahler werden wieder für anfangs 5–6 Stunden zugeschaltet, bis sie im Laufe eines Monats wieder für 12–14 Stunden in Betrieb sind. Nun beginnt sich das Männchen stark für sein Weibchen zu interessieren: Er balzt es an, indem er sich ihr mit gewölbter Kehle und nickenden Kopfbewegungen nähert. Dann setzt er einen Biss in den Schwanz des Weibchens an. Ist dieses paarungsbereit, beginnt es häufig, mit den Vorderbeinen zu Treteln, und das Männchen setzt den eigentlichen Paarungsbiss im Flankenbereich kurz vor dem Hinterbein des Weibchens an, um dann seine Kloake gegen die der Partnerin zu pressen und einen Hemipenis einzuführen. Die Paarung dauert durchschnittlich etwa 40 Sekunden (16–73 Sekunden, n = 8). In den Folgetagen kann es noch zu weiteren Paarungen zwischen dem Paar kommen. Anschließend wehrt das Weibchen das Männchen energisch ab. Etwa 13–23 Tage nach der ersten beobachteten Paarung kam es jeweils zur Eiablage. Hierbei suchte das Weibchen den Wurzelbereich der Pflanzen auf, der stets leicht feucht war. Die Gelege bestanden bisher jeweils aus 3–5 Eiern, die direkt nach der Ablage 15 x 8 mm messen. Ich entnehme die Eier – ohne sie um die Längsachse zu drehen – aus dem Terrarium und bette sie in Heimchendosen, die mit einem leicht feuchten Erde-Sand-Gemisch gefüllt sind. Dabei werden die Eier ungefähr 3 cm tief ins Substrat eingegraben und anschließend in ein Terrarium gestellt und bei Temperaturen zwischen 20–33 °C gezeitigt. Bei diesen Temperaturen (also mit Nachtabsenkung) beträgt die Inkubationszeit zwischen 41–64 Tagen. Diese recht großen Unterschiede in der Zeitigungsdauer kommen dadurch zustande, dass die relativ früh – manchmal bereits im Februar oder März – abgelegten Eier noch etwas niedrigeren Temperaturen und größeren Temperaturschwankungen ausgesetzt sind als Gelege, die im Mai abgesetzt wurden und dementsprechend bei etwas höheren Temperaturen, die dann im Terrarium herrschen, gezeitigt werden. Ein Weibchen von Podarcis pityusensis kamerianus kann in einer Fortpflanzungsperiode bis zu vier Gelege absetzen. Das letzte Gelege einer Saison wird dabei meist im Mai, spätestens doch Anfang Juni abgesetzt. Die Zeitspanne zwischen zwei Eiablagen betrug zwischen 25–34 Tage (im Schnitt 18,4 Tage). Die geschlüpften Jungtiere messen durchschnittlich 88,16 mm Gesamtlänge (71–102 mm, n = 35), bei einer durchschnittlichen KRL von 31,29 mm (26–34 mm). Die Schwanzlänge kann bereits bei Jungtieren die doppelte Länge der KRL betragen. Sowohl die Anzahl der Eier eines Geleges als auch die Eigröße hängt wohl mit dem Ernährungszustand des Muttertieres ab. Aber auch die Zeitigungsbedingungen haben einen Einfluss auf die Schlupfgröße, denn aus Eiern, die relativ trocken und sehr warm gezeitigt wurden, schlüpften die kleinsten Jungtiere, während „normal“ gezeitigte Eier die größten Jungtiere enthielten. So maßen die Eier im erstgenannten Fall nach 57 bzw. 58 Tagen und unmittelbar vor dem Schlupf 18 x 11 mm. Unter weniger heißen Temperaturen und leicht feuchter gezeitigte Eier aus demselben Gelege maßen dagegen ebenfalls kurz vor dem Schlupf nach 58 bzw. 59 Tagen 25 x 14,5 mm.

Aufzucht
Die jungen Podarcis pityusensis kamerianus werden im Prinzip ähnlich wie die Elterntiere gehalten. Anfangs können die Aufzuchtterrarien ruhig kleinere Abmessungen wie z. B. 20 x 20 x 20 cm oder 30 x 30 x 20 cm (L x B x H) aufweisen. In solchen Behältern können etwa 4–6 Jungtiere gemeinsam gehalten werden. Eine Gruppenaufzucht ist meiner Erfahrung nach insofern von Vorteil, da die Tiere später meist umgänglicher mit ihren späteren Partnern sind als Tiere, die einzeln großgezogen wurden. Man muss lediglich darauf achten, dass keine der kleinen Eidechsen unterdrückt wird und im Wachstum zurückbleibt. Sowohl von der Einrichtung als auch von den klimatischen Bedingungen gleichen die Aufzuchtterrarien denen der erwachsenen Eidechsen. Als Beleuchtung dient ein Spotstrahler, der über dem Aufzuchtterrarium angebracht ist. Als Futter erhalten die Jungtiere verschiedene Insekten passender Größe sowie Fruchtbrei und Blütenpollen. Ich fütterte sie nahezu täglich, doch ein oder zwei Fastentage in der Woche vertragen auch sie problemlos. Bei guter Fütterung kann man den anfangs noch weitgehend bräunlichen Jungtieren nahezu beim Wachsen zusehen. Die ersten blauen Farbtöne lassen sich meist schon nach dem Schlupf an den Kinnschilden erkennen. Später zeigen die anfangs noch hellbräunlich bis weißlichen Ozellen der Flanken schon leichte Türkistöne. Im Alter von 3–4 Monaten – manchmal jedoch auch früher –kann es bereits zu Streitigkeiten unter den Jungtieren kommen. Dann wird es Zeit, vor allem die Männchen voneinander zu trennen. Die Tiere beziehen dann bei mir meist paarweise Terrarien mit den Maßen 50 x 40 x 40 cm oder 60 x 30 x 35 cm. Doch auch wenn man ein halbwüchsiges Pärchen pflegt, muss man damit rechnen, dass die Tiere sich unter Umständen beißen und nicht vertragen – schließlich sehen die Eidechsen in diesem Alter ihren Mitbewohner meist eher als Konkurrenten denn als potentiellen Geschlechtspartner an. Deswegen kann es vonnöten sein, dass man die Tiere in diesem Fall einzeln weiterpflegt und erst später, wenn sie geschlechtsreif sind, was mitunter bereits nach einem Jahr der Fall sein kann, wieder zusammensetzt. Dann empfiehlt es sich, dass kräftigere Männchen zum Weibchen zu setzen, damit Letzteres einen „Heimvorteil“ hat. Die wunderschönen Podarcis pityusensis kamerianus sind liebenswerte und dankbare Terrarienpfleglinge, die sich sehr schnell an den Pfleger gewöhnen und Futter aus der Hand nehmen. Dabei muss man mitunter aufpassen, dass die Tiere einem bei der Erwartung von Futter nicht gleich entgegenspringen. Bei guter Pflege können die Eidechsen durchaus ein Alter von 20 Jahren erreichen. Wenn man einige wichtige Grundregeln beachtet, ist es auch wahrlich keine Hexerei, diese Eidechsen erfolgreich zu vermehren. Das Wichtigste ist vielleicht – wie bei wohl fast allen Terrarientieren – dass man sie stets genau beobachtet, damit man bei eventuell auftretenden Aggressionen, die die Männchen nach Beendigung der Paarungszeit manchmal gegenüber ihrem Weibchen an den Tag legen, sofort eingreifen und notfalls die Tiere trennen kann. Ich pflege Podarcis pityusensis kamerianus nun schon seit einigen Jahren und habe die Tiere auch erfolgreich bis zur F2-Generation nachgezogen und kann bestätigen, mit dieser Eidechse das perfekte Terrarientier gefunden zu haben.

Dank
Ich bedanke mich ganz herzlich bei Wolfgang Bischoff und Prof. Dr. Wolfgang Böhme vom Zoologischen Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig, Bonn, für die Zurverfügungstellung der Zuchtgruppe von Podarcis pityusensis kamerianus. Michael Kroniger, Minden, danke ich für die vielen Diskussionen und Gespräche über „unsere Eidechsen“ sowie für die Beschaffung von Literatur und nicht zuletzt für seine Hilfe auf unseren gemeinsamen Reisen und Exkursionen.



 Pärchen der Esparto-Pityuseneidechse.



 Gelege der Esparto-Pityuseneidechse.



 Schlüpfendes Jungtier.



 Aufzuchtterrarien für Podarcis pityusensis kamerianus.



 Gruppe von wenige Tage alten Jungtieren.



 Nach wenigen Wochen beginnen die Jungtiere, sich umzufärben.


Literatur

BENDER, C. (2001): Fotodokumentation von geschützten Reptilien. – DGHT, Rheinbach, 28 S.

BRUEKERS, J. (2007): Wiederentdeckung von Podarcis pityusensis in Barcelona. – Die Eidechse, Bonn, 18(3): 79–84.

BUNDESMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN (Hrsg.) (1997): Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Reptilien vom 10. Januar 1997. – Inhaltlich unveränderte Sonderausgabe der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) e. V., Rheinbach, 78 S.

EISENTRAUT, M. (1950): Die Eidechsen der spanischen Mittelmeerinseln und ihre Rassenaufspaltung im Lichte der Evolution. – Mitteilung aus dem Zoologischen Museum Berlin 26, 225 S.

LILGE, D. (1975): Systematisch-biometrische Untersuchungen an Lacerta pityusensis (Sauria, Lacertidae).– Salamandra, Frankfurt am Main, 11: 145–178.

SALVADOR, A. (1986): Podarcis pityusensis (BOSCÁ, 1883) – Pityusen-Eidechse. – S. 231–253 in: BÖHME, W. (Hrsg.): Handbuch der Reptilien und Amphibien Europas, Band 2/II: Echsen (Sauria) III (Lacertidae III: Podarcis). – Aula-Verlag, Wiesbaden, 435 S.

WILMS, T. (2004): Terrarieneinrichtung. Grundlagen – Materialien – Methoden. – Natur und Tier - Verlag, Münster, 128 S.

ZAWADZKI, M. (2001): Verschleppt und ausgesetzt – Neues und Altes zur Eidechsenfauna der Pityusen. Über die Vermischung einzelner Unterarten und Populationen von Podarcis pityusensis (BOSCÁ, 1883). – Latrodecta, Themenheft 2 (Lacertiden): 1–20.

ZAWADZKI, M. (2005): Beobachtungen an einer eingeschleppten Population von Podarcis pityusensis pityusensis (BOSCÁ, 1883) in Cala Ratjada (NO-Mallorca). – Die Eidechse, Bonn, 16(3): 84–88.

ZAWADZKI, M. & M. KRONIGER (2001): Die Eidechsen Ibizas, Formenteras und einiger umliegender Inseln. – Die Eidechse, Bonn, 12(1): 1–8.


Als Vorlage diente: Terraristika-Begleitheft, 35: 6-32.